Organza-Bluse mit Jabot
Heute geht es an den Kragen, genauer gesagt um den Hals, und das Ganze durchsichtig!
Diese Geschichte hat sich so ergeben:
Seit einiger Zeit steht auf meinem Arbeitstisch neben der neuen JANOME CoverPro 3000 eine „JANOME AirThread 2000“. Bei dieser handelt sich um eine kleine, aber ziemlich geniale Overlock-Maschine. Sie ist die perfekte Ergänzung zur CoverPro 3000 und ein „must have“ für alle, die sich ganz bewusst für zwei Maschinen und gegen ein Kombinationsmodell von Cover- und Overlockmaschine entscheiden.
Von dieser kleinen aber feinen „Ovi“ bin ich so begeistert, dass speziell für diese Maschine ein Projekt her musste. Es sollte etwas werden, bei dem vor allem der Rollsaum zum Einsatz kommt. Bei einem Rollsaum haben wir alle doch sofort Bilder von fließenden Seidenstoffen mit feinen Kantenabschlüssen vor Augen, oder von opulentem Seidenorganza mit schwingenden Details …. Ein Foto, das bei Frau Borgert, Schnittmusterwerksatt München, seit vielen Jahren unscheinbar an einer Pinwand hängt, kam mir beim Nachdenken über das Projekt wieder in den Sinn. Was lag also näher, als Frau Borgert zu bitten, von dieser Vorlage einen Blusenschnitt nach meinen Maßen aufzustellen.
Zugegebenermaßen hatte ich außer einem Bügeltuch noch nie Seidenorganza verarbeitet. Dieser zauberhafte Stoff ist zwar wunderschön, aber irgendwie fehlte mir bisher jede Fantasie für ein entsprechendes Projekt. Mit anderen Worten, ich ging ziemlich naiv an die Sache heran.
So möchte ich Euch vor allem sensibilisieren, was bei der Arbeit mit Seidenorganza zu beachten ist .Denn Rollsäumen lassen sich schließlich auch andere Stoffqualitäten.
Der Zuschnitt der Bluse klappte zunächst wunderbar und hier ist auch nichts Besonderes zu beachten.
Zu erwähnen ist allerdings, dass bei Organza die Markierungen schwierig sind. Kreide hält gerade einmal solange, als das Teil nicht bewegt wird, und Bleistift könnte Spuren hinterlassen. So wurde es dann ein wasserlöslicher Markierstift, den Ihr aber unbedingt vorher an einem Stoffrest ausprobieren solltet, inklusive einer Bügelprobe.
Selbstverständlich kam dann als Nächstes der Rollsaum am Jabot an die Reihe. Denn der war ja schließlich der Anstoß für dieses anspruchsvolle Projekt und quasi der dramaturgische Höhepunkt. Dachte ich zumindest….
Als Garn kam ein sehr feines Nähgarn von Aurifil zum Einsatz. Wie beim letzten Projekt auch, wurden für die zweite und dritte benötigte Garnrolle zwei Unterfadenspulen aufgespult.
Damit das Rollsäumen von Rundungen zu den gleichen guten Ergebnissen führt wie von geraden Strecken, habe ich den Nähfußdruck verringert.
Das Rollsäumen hat dann sogar super viel Spaß gemacht und mich beflügelt, das Projekt mit großer Sorgfalt zu Ende zu nähen.
Und genau diese Sorgfalt wurde dann auch erforderlich. Denn so leicht das Rollsäumen des Seidenorganza lief, desto schwieriger wurde der Rest. Alleine das Aufsetzen des Kragens am Halsausschnitt war ein einziger Balanceakt. Die offenen Stoffkanten sind äußerst empfindlich und lösen sich im Nu in Nichts auf…und an „Nichts“ lässt sich beim besten Willen kein Kragen mehr aufsetzen. Diese seit dem Altertum bekannte Erkenntnis aus Schneiderwerkstätten auf allen Kontinenten gilt übrigens für alle offenen Kanten. Da können sogar Janome Maschinen nichts mehr ausrichten.
Auf dem Bild lässt sich erkennen, dass mit Heftfaden eine Markierung zum Umbügeln der Nahtzugabe eingezogen wurde.
Übrigens habe ich statt einer Bügeleinlage im Kragen und an der Knopfleiste eine dritte Lage Stoff verwendet. Je mehr Lagen vom Organza verwendet werden, desto dunkler wird übrigens dann der Farbton. Das ist ja irgendwie eine sogar logische, dennoch überraschende Erkenntnis! Also hilft es, Nähgarn in weiteren Farbnuancen der Grundfarbe von vorneherein bereit zu halten.
Genäht wurde die Bluse übrigens mit meinem Liebling, der JANOME HD9. Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass die „Havy Duty“ auch sehr fein nähen kann. Hierfür fand die Stichplatte und der Nähfuß für feine Stoffe Verwendung, und natürlich die feinste Nähmaschinennadel.
Beim Führen vom Organza an der Nähmaschine sind echt viel Gefühl und immer beide Hände am Stoff erforderlich. Dafür ist übrigens der große Hebel für den Rücktransport an der JANOME HD9 unentbehrlich; wahre Profis betätigen diesen mit dem Ellbogen 😊.
Für das Versäubern aller offenen Nähte kam sodann die schmale 3-Faden-Overlock Naht zum Einsatz, und das hat sich bestens bewährt. Dies lässt sich in den Bildern erkennen.
Eines sei unbedingt noch gesagt: die Verarbeitung von Organza erfordert 200 %ige Genauigkeit. Durch die Transparenz des Stoffes sind ja (Überraschung!) Innen und Außen gleichermaßen zu sehen. Das funktioniert eigentlich nur mit sorgfältigster Verarbeitung und – natürlich – den Maschinen von JANOME.
Als mein Mann das fertige Werk auf der Schneiderpuppe begutachtete meinte er nur: „… feinste Zuckerbäckerei…!“ und ich finde, das bringt es ziemlich auf den Punkt. Er mag‘s halt gerne süß…
Das war’s für heute. In Kürze geht es weiter mit der Garderobe für einen hoffentlich warmen Sommer.
Eure Ute